Die neugotische Johanneskirche im heutigen Saarbrücken ist eine evangelische Kirche und steht im Distrikt Nauwieser Viertel gegenüber dem neospätgotischen Rathaus im Distrikt St. Johanner Markt. Die Kirche ist 74 Meter hoch, 51,50 Meter lang und 28,50 Meter breit. Baubeginn auf dem Lang'sche Platz war im Jahr 1894 und die Einweihung unter der Leitung von Oberpfarrer Gustav Ilse war am 6. Juli 1898.
Doch warum wurde diese Kirche überhaupt gebaut? Hier eine kleine Chronologie der evangelischen Kirchen
in Saarbrücken und St. Johann. Es gilt zu bedenken, dass St. Johann und Saarbrücken bis 1909 eigenständig waren.
Neben dem Schloss in Saarbrücken finden wir den gotischen Bau der Schlosskirche. Dieser wurde erstmals im Jahr 1476 erwähnt.
Man nimmt aber an, dass mit dem Bau bereits vor 1476 begonnen wurde. Der Beginn der Reformation wird traditionell
auf das Jahr 1517 datiert. In diesem Jahr soll Martin Luther angeblich seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel
an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben. Bereits für das Jahr 1568 sind protestantische Prediger
in der Schlosskirche nachweisbar. Die evangelisch Gläubigen der damals selbstständigen Stadt St. Johann
und auch die aus Saarbrücken trafen sich zum Gottesdienst in dieser Kirche.
Doch damit die St. Johanner eine eigene Kirche zur Verfügung hatten, förderte Graf Karl Ludwig
von Nassau-Saarbrücken einen Neubau. Die Kirche St. Johannes ( heute alte evangelische Kirche genannt)
wurde in den Jahren 1725 bis 1727 nach Entwürfen des Architekten Jost Bager erbaut. Gegenüber
lag das alte Rathaus von St. Johann (heute "Cora-Eppstein-Platz").
Derweil wurde die Schlosskirche zu eng für die Saarbrücker Gläubigen und Wilhelm Heinrich, Fürst zu Nassau
und Graf zu Saarbrücken ordnete den Bau einer weiteren Kirche an. Die barocke evangelische Ludwigskirche
wurde dann von 1762 bis 1775 von dem deutschen Baumeister Friedrich Joachim Stengel
auf dem Ludwigsplatz in Saarbrücken errichtet.
Für die St. Johanner wurde aber auch die damalige Kirche St. Johannes zu eng und so
begann sich 1885 das Presbyterium (Kirchengemeindeleitung) verstärkt mit den Planungen für einen Neubau zu beschäftigen.
Nachdem 1852 der Bahnhof in St. Johann eröffnet wurde, folgte ein schneller wirtschaftlicher Aufstieg der Stadt,
die Bevölkerung wuchs an. Während man zuvor die Stadt eher im westlichen Bereich um die Bahnhofstraße erweiterte,
erstellte der St. Johanner Bauinspektor Seyfarth 1861 einen ersten Bebauungsplan, um nun auch östlich
und nördlich die Stadt zu strukturieren.
Für diese größer werdende Stadt bedurfte es eines neuen repräsentativen und größeren Rathauses.
Geplant war auch, dass eine breite Straße direkt auf das neue Rathaus führen sollte.
Für dieses übernahm der Stadtplaner Wilhelm Kreyßig (1830-1897) aus älteren Aligneplänen die
dafür schon vorgesehene Fläche.
Alignepläne sind detaillierte Karten oder Baupläne, die zur Planung und Ausrichtung von Straßen,
Gebäuden und anderen städtischen oder infrastrukturellen Projekten dienen. "Alignement" stammt aus dem Französischen und
bedeutet "Ausrichtung" oder "Aneinanderreihung". Wie man auf der Karte von 1890 sehen kann,
war der Bereich bei Punkt 3 wenig bebaut und daher ideal für einen neuen Bau. Wohingegen
der Platz bei der alten evangelischen Kirche (1) für ein größeres Rathaus (altes Rathaus 2) zu eng war.
Außerdem bot sich in Punkt 3 die Möglichkeit eines Boulevards (die spätere Johannisstraße).
Friedrich Merz, der 1890 den Bau der jüdischen Synagoge am Eingang zur Futterstraße (im 2. Weltkrieg zerstört) leitete,
und Heinrich Güth erstellten im selben Jahr die ersten Entwürfe für die Johanneskirche.
Diese sollte als markantes Bauwerk im Blickpunkt der Kaiserstraße stehen. Die Kaiserstraße wurde
um 1852 als alternative Verbindung zum Bahnhof angelegt und verlief parallel zur Bahnhofstraße.
Sie wurde zu Ehren von Kaiser Wilhelm I. (1797–1888) benannt.
Für den Bau der Kirche kam daher nur der Lang'sche Platz in Frage. 1891 erwarb die evangelische
Kirche das Baugelände, und noch im selben Jahr wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.
Es gingen 58 Entwürfe ein, wobei Heinrich Güth (geb. 1858 in St. Johann, † 17. März 1918 ebenda) den
zweiten Platz belegte. Dennoch erhielt Güth den Zuschlag für das Bauprojekt, das mit 536.000 Mark
den ursprünglich geplanten Etat mehr als verdoppelte.
1894 wurde die Baugenehmigung erteilt, und am 21. April 1895 legte man unter der Herrschaft Kaiser Wilhelm II. (1859–1941)
den Grundstein der Kirche. Wilhelm II. war von 1888 bis 1918 Kaiser und der Enkel von Wilhelm I. Zu seinen
Ehren wurde der Vorplatz der Kirche "Kaiser-Wilhelm-Platz" genannt, und die angrenzende spätere Cecilienstraße erhielt
den Namen "Kaiser-Wilhelm-Straße".
Die Einweihung der Johanneskirche unter der Leitung von Oberpfarrer Gustav Ilse fand am 6. Juli 1898 statt,
also wurde die Kirche in knapp über drei Jahren gebaut. Am 23. Juni 1900 wurde das Rathaus in
St. Johann gegenüber der Kirche offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Es wurde in den Jahren 1897 bis 1900 nach den Entwürfen des Architekten Georg von Hauberrisser errichtet.
Über die schönen Gärten um die Johanneskirche lesen wir in der St. Johanner Zeitung vom 25. Juli
1900: "Obergärtner Eckhard ist auch Schöpfer der hübschen Gartenanlagen, welche die Johanneslirche umgeben".
Albert Ruppersberg schreibt in "Geschichte der Stadt Saarbrücken" Band 2 S 137f: "Das harmonische Gegenstück zu
dem Rathaus bildet die Johanneskirche, welche von der evangelischen Gemeinde nach dem Plane des Architekten Güth
von St. Johnann in den Jahren 1894 bis 1898 erbaut wurde (...) Die Kirche ist in der äußeren wie in der
inneren Ausführung wohlgelungen (...) Rasenplätze und Blumenbeete ziehen sich um das Gotteshaus
und bilden für das Auge einen angenehmen Gegensatz zu dem ernsten Kirchenbau."
Ebenfalls im Jahr 1900 wurde das Postgebäude gegenüber der Johanneskirche mit einem Festakt eröffnet
und nahm seinen Betrieb auf.
Zwischen dem Rathaus und der Johanneskirche erstreckte sich damals eine einheitlich gepflasterte Fläche,
die bis zum Vorplatz der Kirche reichte und den ganzen Platz samt Gebäuden als Gesamtkunstwerk erschienen ließ.
Nahe dem Rathaus stand ein Brunnen mit einer Statue des nackten
Telemachos (Sohn des Odysseus und der Penelope). Dieser Brunnen wurde 1934 aufgrund von Platzmangel entfernt.
Das gesamte Ensemble wurde 1926 durch den Bau der Sparkasse nach den Plänen von Walther Kruspe
an der Nassauerstraße vollendet. Damals war es ein wirklich schöner Platz.
1959 schenkte die Sparkasse der Stadt zum 50-jährigen Jubiläum als Großstadt einen neuen Brunnen.
In dessen Mitte stand die Bronzeplastik "Aufsteigender Phönix" (Mythologie). Die Arme des Phönix symbolisierten
die drei damals eigenständigen Städte St. Johann, Burbach-Malstatt und Saarbrücken.
Die Johanneskirche überstand den Zweiten Weltkrieg mit vergleichsweise geringen Schäden,
während Saarbrücken teilweise flächendeckend zerstört wurde. Erst der zunehmende Verkehr und die
Vertiefung des Platzes vor dem Rathaus in der Mitte der 1960er Jahre, die mit vier rundumlaufenden
Stufen und einem fast quadratischen Wasserbecken (gestaltet von Peter Paul Seeberger) am Eckpunkt verbunden war,
führten dazu, dass die einheitliche Wirkung des Gesamtplatzes verloren ging und regelrecht zerschnitten wurde.
Der Bau der Saarbahngleise 1997, die quer über den Platz verlaufen, taten ihr Übriges.
Die Johanneskirche selbst wurde im Laufe der Zeit zweimal grundlegend umgebaut.
Der Garten, der
die Kirche umgab, wurde 1996 wegen Verwilderung geschlossen,
aber 2003 erneut der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Johannes der Täufer ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten im Christentum. Bereits im Neuen Testament
wird seine Geburt angekündigt. In Lukas 1,13 heißt es: "Der Engel aber sagte zu ihm: Fürchte dich nicht,
Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den
Namen Johannes geben." Der Name "Johannes" bedeutet "Der Herr ist gnädig".
Eine der bekanntesten Geschichten über Johannes den Täufer ist die Taufe Jesu, die im Matthäus-Evangelium (3:13-17)
erzählt wird. In Vers 13 lesen wir: "Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes,
dass er sich von ihm taufen ließe." Diese Taufe gilt als entscheidender Moment im Leben Jesu.
Der Gedenktag des Heiligen Johannes, auch "Johannistag" genannt, wird am 24. Juni gefeiert.
Interessanterweise leitet sich der Name der "Johannisbeere" von diesem Tag ab, da um den 24. Juni
die ersten Beeren reif werden.
Und neben einer Beere und St. Johann an der Saar hatte der Glaube an Johannes weiteren
Einfluss auf geografische und institutionelle Namen. So ist der Ort St. Johann im Ahrntal in Südtirol (Italien)
nach ihm benannt und die dortige Pfarrkirche ist ihm geweiht.
Auch der Johanniterorden, der nach der Eroberung Jerusalems während des Ersten Kreuzzugs im Jahr
1099 gegründet wurde, trägt den Namen des Heiligen Johannes.
Wir sehen also, dass die Gestalt Johannes des Täufers im Laufe der Geschichte einen großen Einfluss hatte,
der sich sogar bis nach Saarbrücken erstreckte.
Im Nauwieser Viertel finden wir heute noch zwei größere Kirchenbauten von Volkskirchen: die evangelische Johanneskirche, die
1898 geweiht wurde, und die römisch-katholische Kirche St. Michael, die 1924 geweiht wurde.
Süden: Stephanstraße/Großherzog-Friedrich-Straße
Westen: Dudweiler Straße
Norden: Bahnstrecke zwischen Dudweiler Straße und Martin-Luther-Straße
Osten: Egon-Reinert-Straße